Im Jahre 2003 entstand erstmals die Idee zur Gründung eines länderübergreifenden Naturparks. Zu diesem Zweck waren zahlreiche Gespräche mit den beteiligten Gemeinden und Behörden erforderlich.
Für die weitere Arbeit des Naturparks wurde ein Leitbild entwickelt, das insgesamt vier Schwerpunkte enthält:
– Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft
– Nachhaltige Land-, Alp- und Forstwirtschaft als Schlüssel zur Erhaltung der Kulturlandschaft
– Nachhaltiger QUALITATIVER und nicht quantitativer Tourismus inklusive seiner Vermarktung
– Nachhaltige Entwicklung der Region mit Kernthema Energie
Der Naturpark Nagelfluhkette mit einer Fläche von insgesamt 401 Quadratkilometern vereint nun 14 Gemeinden aus dem Vorderen Bregenzer Wald und dem südlichen Allgäu. Somit ist er der erste grenzüberschreitende Naturpark zwischen Österreich und Deutschland. Seinen Namen erhielt der Naturpark nach dem bekannten Gebirgszug gleichen Namens, um den alle beteiligten Gemeinden angeordnet sind.
Der Freistaat Bayern stellt dabei mit 246,7km² 61,5% der Naturparkfläche. Es handelt sich hiebei um die Gemeinden Oberstaufen, Blaichach, Balderschwang, Immenstadt, Obermaiselstein und Bolsterang, wobei die Gemeinde Balderschwang mit dem gesamten Gemeindegebiet im Naturpark liegt. Auf der österreichischen Seite gehören die Gemeinden Hittisau, Sibratsgfäll, Sulzberg, Riefensberg, Doren, Langenegg, Krumbach und Lingenau dem Naturpark Nagelfluhkette an.
Für Außenstehende stellt sich natürlich die Frage wo der etwas eigentümlich anmutende Name „Nagelfluh“ seinen Ursprung findet. Das Nagelfluh, das man im Allgäu auch unter dem Namen „Herrgottsbeton“ kennt, ist ein betonartiges, festes Gestein, das im Naturpark weit verbreitet ist. Es besteht aus größeren und kleineren rundlichen Geröllen. Die so zu einem Konglomerat „verbackenen“ Gesteine sehen aus, als hätte man tief in sie Nägel eingeschlagen, so dass nur noch die Köpfe herausschauen, weshalb man sie als „Nagelfluh“ bezeichnet. Durch Verwitterungsprozesse gelangten die Gesteinsbrocken schließlich an die Oberfläche und verliehen damit der Region den prägnanten Namen.
Die Entstehung des Nagelfluhs nahm seinen Anfang vor etwa 30 Millionen Jahren in der Tertiärzeit. Rasch fließende, urzeitliche Alpenflüsse brachten Schlamm, Sand und rundgerollte Steine aus den im Süden vorgelagerten Alpen mit ins Tal. Das gröbste Material blieb am Fuß der Berge liegen, wo in Folge im Laufe von Jahrmillioinen riesige nach Norden hin abfallende Kiesfächer entstanden.
Mit der Zeit verkittete der im Grundwasser liegende Flusskies, bis er schließlich betonartig fest war. Durch das stete Vorrücken der Alpen in Richtung Norden wurden diese alten Flussablagerungen zunehmend mehr eingeengt, bis sie schließlich gefaltet und kräftig angehoben wurden. Die zwischen den Nagelfluhbänken eingelagerten feinen Sandschichten bilden die charakteristische Rippenstruktur der Nagelfluhkette. Sie besteht nahezu vollständig aus unzähligen, verschieden großen, aber mehr oder weniger runden Steinen, die im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Alpen zu einem Konglomerat, dem sogenannten Nagelfluh zusammengepresst worden sind.
Im Bereich des Naturparks spiegelt die Nagelfluhkette mit dem 1834m hohen Hochgrat als höchsten Berg dieses gewaltige und beeindruckende Naturereignis wieder. Die insgesamt 24km lange Bergkette setzt sich im einzelnen aus folgenden Berggipfeln zusammen (von Ost nach West):
– Mittagberg (1445m)
– Bärenköpfle (1461m)
– Steineberg (1660m)
– Stuiben (1749m)
– Sendererstuiben (1737m)
– Buralpkopf (1772m)
– Gündleskopf (1748m)
– Rindalphorn (1822m)
– Hochgrat (1834m)
– Seelekopf (1663m)
– Hohenfluhalpkopf (1636m)
– Eineguntkopf (1641m)
– Falkenköpfe (1564m)
– Höchhöderich (1564m)
In unseren Tagen ist der Naturpark Nagelfluhkette vor allem eine alte und gewachsene Kulturlandschaft. Ca. 400 landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe stellen einen wesentlichen Bestandteil des Naturparks dar. Die Landschaft ist – bedingt durch gewaltige Höhenunterschiede auf engstem Raum – besonders abwechslungsreich und wertvoll. Hier haben nicht nur Auer- und Birkhuhn, Steinadler und Weißrückenspecht ihre Heimat gefunden, sondern Pflanzenfreunde finden im Naturpark seltene Blumen wie den Purpurenzian oder die Steinnelke, vielerorts steht man vor stattlichen Weißtannen.
Die Nagelfluhkette wird im Norden und Süden von niedrigeren Bergkämmen flankiert. Wanderern und Wintersportlern bietet sie daher eine hervorragende Aussicht in praktisch alle Himmelsrichtungen.
Eine wunderschön gestaltete und zugleich informative Seite zum Naturpark Nagelfluhkette findet man z.B. auf der offiziellen Seite der Gemeinde Blaichach.
Impressionen aus dem Nagelfluh-Gebiet
(alle Bilder: Volker Wille, Werdenstein)